Meme Marketing schafft Hypes

Erfolgsserien wie Squid Game werden von Memes auf Instagram & Co begleitet. Mit viralen Effekten lassen sich große Reichweiten erzielen. Das öffnet auch für kleinere Player Chancen im Marketing.

Wer sich im September und Oktober 2021 auf sozialen Medien bewegte, kam nicht an Memes rund um die Südkoreanische Erfolgsserie Squid Game vorbei. In kürzester Zeit entwickelte sich die Netflix-Produktion zum festen Teil der Internetkultur.

Wer sich nicht als digitaler Eremit verstand, fand den kürzesten Weg zum Sofa und schaute die neun Folgen über die mysteriöse Survival-Show. Ein voller Erfolg für den eher mittelklassigen Vertreter des Battle Royale Genres: Nach nur vier Wochen legte die Produktion mit Aufrufen von knapp 142 Millionen Netflix-Konten den erfolgreichsten Serienstart aller Zeiten hin.

Dass sich Memes dazu eignen, Hypes am digitalen Lagerfeuer zu entfachen, ist der Entertainment-Industrie nicht erst seit Squid Game klar. Auch die Serie Tiger King, die für Millionen Menschen eine Auszeit vom ersten Lockdown im Jahr 2020 versprach, nahm durch Meme Marketing auf Instagram und TikTok an Fahrt auf. Rund um die Serie entwickelte sich ein Kult, der in letzter Konsequenz zwei Möglichkeiten bot: Mitschauen und mitreden oder nicht-schauen und auch digital abgeschnitten in der Selbstisolation bleiben.

Dass der Hype um Squid Game bleibt, zeigt auch die jüngste Produktion des Youtubers MrBeast. Mit Hunderten Komparsen stellte er die Spiele aus der Serie nach – ohne tödliche Konsequenzen, aber mit einem satten Preisgeld von 456.000 US-Dollar. 

Meme Marketing für die Mittelklasse

Bereits Ende 2018 wurde das Netz mit Memes rund um den Sandra Bullock Horrorfilm “Bird Box” geflutet. Eigentlich verwunderlich für eine wenig originelle Story, die auf Rotten Tomatoes lediglich eine Bewertung von 64 Prozent aggregierte. Jedoch setzte Netflix auf den Hype-Effekt, indem mit größeren Influencern die #BirdBoxChallenge gestartet wurde – bei denen Menschen wie im Film mit verbundenen Aufgaben verschiedene Aufgaben durchführen mussten. Zum Erscheinungsdatum machten bereits Hunderttausende Posts auf Instagram und Twitter die Runde. Das zahlte sich aus, Birdbox war das bis dato erfolgreichste Netflix-Original aller Zeiten. 

Nun ist Netflix ein Milliardenkonzern, der mit seiner Marktmacht große Aufmerksamkeit erzeugen kann. Die gute Nachricht für kleinere Fische: Im Meme Marketing ist Qualität die härteste Währung, denn unlustige Bilder setzen sich auch mit großen Budgets nicht durch. Auch in der deutschen Popkultur setzen digital-affine Creator deshalb auf Memes. Der Rapper und Unternehmer Xatar erzählte zum Beispiel im OMR-Podcast, dass er bei seinem Label “Alles oder Nix Records” Menschen beschäftigt, die den ganzen Tag nur Memes produzieren. Wenn es eines davon in die organische Verbreitung schafft, hat sich der Aufwand dafür schon ausgezahlt. 

Stadt-Memes kommen groß raus

Lokale und thematische Meme-Seiten haben sich vor allem auf Instagram zu großen Playern entwickelt. Ob Metropole oder Kaff – die Betreiberinnen und Betreiber von Meme-Pages beschäftigen sich ironisch und liebevoll mit ihrer Stadt. Üblicherweise werden dafür stark gehypte Meme-Vorlagen verwendet und mit Insider-Witzen über Wohnviertel, bekannte Persönlichkeiten oder Clubs und Kneipen angereichert. Die Creator – oft junge Menschen in ihren Zwanzigern – machen in Sachen Reichweite etablierten Medienhäusern Konkurrenz. 

Meme-Seiten wie “Thug Life Austria” oder “berlinclubmemes” erreichen durch die Mechaniken von Instagram zeitweise erheblich mehr Menschen als die jeweils rund 200k Netto-Follower. Das ist mehr als so manche Tageszeitung. Zum Vergleich: Die Gesamtreichweite der Berlin-Brandenburg-Ausgabe der BILD liegt bei 314.000 Leserinnen und Lesern. Für die Creator eröffnen sich so neue Geschäftsfelder durch Merchandising, bezahlte Werbung und die Promotion von Events der Stadt.

Thematisch klar abgetrennte Meme-Pages sind ebenfalls stark im Kommen. Die noch junge BWL-Persiflage “hedgefonds.henning” zählt bereits 186k Follower und hat damit wohl mehr für die Verbreitung des schönen Wortes “Geringverdiener” getan, als es das Jugendwort-Gremium des Duden jemals könnte. Auch ein Nischen-Meme Produzent wie Clo1444 brachte es mit seinen “Deutschrap ist fresher denn je” Spottvideos auf mehr als 80.000 Instagram-Follower – und einer öffentlichen Kopfgeld-Drohung von Fler. 

Diese und ähnliche Meme-Seiten leben davon, schnell und effektiv auf die Trends der Stunde reagieren zu können. Und genau das ist die Gefahr für Unternehmen, die im Social Advertising punkten wollen. Denn wer die Zielgruppen von heute erreichen möchte, sollte nicht in den Jargon des Gestrigen verfallen.

Good Friend Greg, anyone?

Es gibt wenig Schlimmeres als deutsche Supermarktketten, die Werbespots mit Rappern drehen. Ähnlich tödlich ist wohl nur die Nutzung von Jugendsprache, die seit mindestens zwei Jahren out ist. Wer Memes für das eigene Online-Marketing nutzen will, sollte also darauf achten, auf der Höhe der Zeit zu sein. Templates mit all-bold-Captions und ausgelutschte Sujets wie “Good Friend Greg” oder “Not-sure-if-Fry” sorgen eher für Spott als für das Befeuern der Teilen-Taste. Zurecht, denn ein Meme sollte niemals langweilen. 

Wie lassen sich Memes also in die Marketing-Strategie inkludieren? Im Grunde nur, wenn man mutig genug ist, sich selbst nicht ganz ernst zu nehmen. Und indem man auch mal auf Menschen hört, die einem selbst voraus sind. Nicht an Berufserfahrung, aber im Umgang mit sozialen Medien und digitalen Trends. 

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